„Pechvogel und Glückskind“

Posted on Dez 10, 2015 in Presse

Mit „Pechvogel und Glückskind“ ist der Edition See-Igel wieder eine herausragende Verbindung von Musik und Wort gelungen, um Kinder für die Welt der Klassik zu begeistern.

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Der Kuss der Prinzessin

ändert für Pechvogel alles

Edition See-Igel erfreut wieder mit einer tollen CD-Produktion

Auf eine bereits 20-jährige Geschichte kann die Edition See-Igel aus Iznang am Bodensee zurückblicken. Ute Kleeberg und Uwe Stoffel haben in diesen zwei Jahrzehnten mit ihrem CD-Verlag, der sich die Verbindung von klassischer Musik und Sprache auf die Fahnen geschrieben hat, sehr viel dafür getan, um Kinder an die reichhaltige und schöne Welt der klassischen Musik heranzuführen. Ihre neueste Produktion unterstreicht dies nun wieder auf eindrucksvolle Weise. Ute Kleeberg gelingt es immer wieder, weniger bekannte Märchen zu entdecken und dafür die passende Musik zu finden. Im Fall der Neuerscheinung „Pechvogel und Glückskind“ handelt es sich um eine Geschichte von Richard von Volkmann-Leander, der von 1830 bis 1889 lebte und seinen Unterhalt als Chirurg und Hochschullehrer verdiente. Ute Kleeberg erzählt das Märchen neu und mit einer sehr bildhaften Sprache. Der Schauspieler Samuel Weiss, der bereits für die Edition See-Igel aktiv gewesen ist, erweist sich wiederum als idealer Interpret, der jeder Figur der Handlung einen anderen Sprachduktus zukommen lässt. So wird die Geschichte des armen Pechvogels und der Prinzessin Glückskind ungemein plastisch.

Der junge Mann, den alle nur Pechvogel nennen, hat es wirklich schwer. Seine Eltern sind früh gestorben und er wächst bei zwei Tanten auf, die ihn täglich nach dem Kirchgang verprügeln. Selbst als das böse Duo stirbt, wird es für den Jungen nicht besser, geht alles schief, was er anfasst. Als er sich beispielsweise auf Wanderschaft begibt, fliegt ihm sogleich der Hut vom Kopf und verschwindet auf Nimmerwiedersehen in einem Fluss. Dann jedoch kommt er zu einem wunderschönen Garten und sieht dort ein bezauberndes Mädchen. Diese entpuppt sich als die Tochter des Königs, die alle nur als Prinzessin Glückskind kennen. Ihr fliegen das Glück und die schönen Dinge des Lebens einfach zu. Und sie ist ganz erstaunt, als ihr Pechvogel erzählt, dass es bei ihm genau umgekehrt ist.

Bekanntlich ziehen sich Gegensätze ja an und die Prinzessin beginnt sich schnell, für diesen eigenartigen Jungen zu interessieren, bei dem einfach alles schiefgeht. Als sie ihm gar einen Kuss gibt, ändert sich

für Pechvogel sofort alles. Auf dem Gesicht des Jungen ohne Selbstbewusstsein, der immer nur bedröppelt und ängstlich umherblickt, macht sich ein Strahlen breit, das so noch nie mit dem jungen Mann in Verbindung gebracht werden konnte. Beglückt zieht er von dannen, während nun ihrerseits die Prinzessin zunächst nachdenklich und dann traurig wird. Dies wiederum entgeht auch dem König nicht, der völlig außer sich ist, dass seine geliebte Tochter nun Trübsal bläst. Er will von ihr wissen, was passiert ist. Und als Prinzessin Glückskind erzählt, dass sie den jungen Pechvogel getroffen und ihn aus Mitleid geküsst hat, gibt es für den Monarchen nur eines: dieser unselige Junge muss ge- fangen genommen werden.

Schließlich wird er tatsächlich aufgegriffen, aber Pechvogel bleibt glücklich und gut gelaunt. Selbst, als er eine Nacht im Kerker verbringen muss. Ein Berater des Königs kommt nun auf die Idee, dass der Pechvogel der Prinzessin den Kuss zurück- geben muss. Als dies dann geschieht, Pechvogel nun Glückskind küsst, sind plötzlich beide glücklich und dem verdatterten König bleibt nichts anderes übrig, als in die Beziehung der beiden jungen Leute einzuwilligen.

Ute Kleeberg und Uwe Stoffel ist es wieder gelungen, die passende Musik für diese Geschichte auszusuchen. Ihre Wahl fiel auf Kompositionen von Gabriel Fauré, Rein- hold Glière, Benjamin Godard, Bruno Maderna und Joseph Whitol, die vom Duo Matthias Lingenfelder (Violine) und Peter Orth (Klavier) beziehungsweise vom Auryn Quartett bereits in den Jahren 2006 respektive 2009 aufgenommen wurden. Die Stücke sind in ihrer Mehrzahl sehr feinsinnig, durchaus meditativ und bisweilen melancholisch gehalten. Vor allem verbindet sich die Musik mit dem von Samuel Weiss Anfang dieses Jahres gesprochenen und aufgenommenen Text zu einer atmosphärisch dichten Symbiose, die Groß und Klein in den Bann ziehen dürfte. Die CD „Pechvogel und Glückskind“ ist bei der Edition See-Igel unter der Nummer SG 038 erschienen und kostet 15,50 Euro. Empfohlen ist sie für „Menschen ab sechs Jahren“, wie auf der Einspielung vermerkt ist. Die Aufnahme eignet sich ideal als Weinachtsgeschenk.

Lars-Erik Gerth (MTA)

Maintal Tagesanzeiger 9. November 2015